Rückenschmerzen haben viele Ursachen: Muskelverkürzungen oder Elastizitätsverlust. Erfahren Sie, wie wir die richtige Diagnose stellen und gezielt behandeln.
Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden überhaupt. Fast jeder Mensch leidet im Laufe des Lebens einmal darunter – viele sogar chronisch. Seit den 1950er Jahren wird geforscht, wie sich das Problem dauerhaft lösen lässt. Doch bis heute sind die Ergebnisse eher mäßig.
Ein Grund dafür liegt darin, dass sich die Forschung stark auf Krafttraining und Stabilisation konzentriert hat – und dabei den eigentlichen Kern übersehen hat: den Verlust der Elastizität der Muskulatur.
In den 1950er Jahren beschrieb die amerikanische Physiotherapeutin Florence Kendall systematisch muskuläre Verkürzungen. Verkürzung bedeutete damals: Die Muskeln lassen sich weniger bewegen, Haltungen verändern sich, Belastungen nehmen zu.
Der tschechische Arzt Vladimir Janda entwickelte in den 1970er Jahren daraus seine Theorie der muskulären Ungleichgewichte. Besonders bekannt ist das „Lower Crossed Syndrome“: verkürzte Hüftbeuger und Rückenstrecker auf der einen, geschwächte Bauch- und Gesäßmuskeln auf der anderen Seite. Heute würden wir präziser sagen: Gemeint war weniger ein tatsächlich kürzerer Muskel, sondern ein Verlust an Elastizität. Die Muskulatur gibt nicht nach, baut zu früh Spannung auf und erzeugt so einen konstanten Druck auf die Wirbelsäule.
Die logische Antwort war: Dehnübungen.
- Die Williams-Flexionsübungen aus den 1960er Jahren kombinierten Dehnung der Hüftbeuger mit Kräftigung der Bauchmuskeln.
- In Schweden entstand 1969 die erste Back School (Rückenschule), die weltweit bekannt wurde. Hier ging es um Aufklärung, Haltungskorrektur, Bewegungsübungen und Dehnen.
Der Erfolg: kurzfristige Verbesserungen, aber keine dauerhafte Schmerzfreiheit. In den 1980er Jahren war klar: Dehnen allein reicht nicht.
In den folgenden Jahrzehnten verschob sich der Schwerpunkt. Krafttraining wurde wichtiger.
- George Williams verband Dehnung mit Bauch- und Gesäßkräftigung.
- Alf Nachemson zeigte in den 1970er Jahren mit Messungen, wie Sitzen und ungünstige Haltungen den Druck auf die Bandscheiben massiv erhöhen.
- Robin McKenzie entwickelte sein bis heute bekanntes McKenzie-Konzept. Dabei geht es nicht um passives Dehnen, sondern um wiederholte Bewegungen in bestimmte Richtungen („directional preference“), die die Bandscheiben entlasten und Patienten befähigen, selbst aktiv zu werden.
Dehnen und Kräftigung liefen also zunächst nebeneinander, aber mit der Zeit setzte sich die Kräftigung als Hauptstrategie durch.
1992 formulierte der Kanadier Manohar Panjabi sein Modell der Wirbelsäulenstabilität: Sie beruht auf drei Säulen – den passiven Strukturen (Bandscheiben, Bänder), der aktiven Muskulatur und der neuronalen Kontrolle.
In den 1990er Jahren zeigten die Australier Paul Hodges und Carolyn Richardson, dass bei Rückenschmerzpatienten der tiefe Bauchmuskel Transversus abdominis verzögert aktiviert wird.
Das war die Geburtsstunde der Core-Stability-Welle. Später griff Stuart McGill diese Ideen auf und betonte Rumpfstabilität, muskuläre Ausdauer und Koordination.
Internationale Leitlinien – etwa von EUROSPINE (Spine Society of Europe) oder vom American College of Physicians – empfehlen seither vor allem aktive Programme mit Fokus auf Kraft, Stabilität und Koordination.
Die Ergebnisse aus vielen Studien sind eindeutig:
- Bewegung ist besser als Ruhe.
- Krafttraining wirkt – aber nur mäßig.
- Rückenschmerzen verschwinden damit selten vollständig.
Das eigentliche Grundproblem, das schon in den 1950ern erkannt wurde – der Verlust der Elastizität – wurde dabei kaum berücksichtigt.
Was passiert, wenn Muskeln ihre Elastizität verlieren?
- Die Muskulatur übt einen dauerhaften Druck auf die Wirbelsäule aus.
- Die Bandscheiben starten jede Bewegung schon in einer komprimierten Ausgangsposition.
- Bei alltäglichen Bewegungen – Bücken, Drehen, Heben – kommen zusätzliche Scherkräfte hinzu, die die Bandscheiben regelrecht „zerreiben“.
Über Jahre führt das zu Faserrissen, Höhenverlust und Verschleiß. Wenn die Bandscheiben einmal geschädigt sind, lassen sie sich kaum wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen.
Deshalb müsste Prävention früher ansetzen – schon in der Schule, wo Kinder täglich viele Stunden sitzen. Bewegte Klassenzimmer, Stehpulte, kurze Elastizitätsübungen und natürliche Haltungen wie die Hocke könnten verhindern, dass Rückenschmerzen überhaupt entstehen.
Genau hier setzt die Elastopathie an. Sie ist ein Verfahren, das gezielt die Elastizität der Muskulatur wiederherstellen will.
Zu den vier Hauptvertretern gehören:
- Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht: Kombination aus Druckpunkten an Sehnenansätzen und speziellen Engpassdehnungen.
- Schmerztherapie nach Hock: arbeitet mit gezielten Drucktechniken und manueller Regulation von Muskelspannungen.
- Schmerztherapie nach Packi: fokussiert auf das muskulär-fasziale Zusammenspiel mit manuellen Techniken.
- Myoreflextherapie nach Dr. Kurt Mosetter: nutzt Druckpunkte an Muskelansätzen, um über reflektorische Bahnen Spannungsmuster im gesamten Körper zu lösen.
Alle Verfahren verfolgen dasselbe Ziel: Muskeln wieder elastisch machen. Denn erst wenn Muskeln dehnbar sind, macht klassisches Dehnen oder Krafttraining wirklich Sinn.
Wichtig ist: Die Elastopathie ist bislang noch nicht wissenschaftlich vollständig bewiesen. Erste Erfahrungen sind vielversprechend, aber wir brauchen mehr Forschung, mehr Studien und mehr Austausch.
Die Geschichte der Rückenschmerztherapie zeigt:
- In den 1950ern erkannte man die Bedeutung der Muskelverkürzung.
- In den 1990ern verlagerte sich alles auf Kraft und Core-Stability.
- Die Erfolge blieben mäßig.
Die Elastopathie könnte ein neuer Schlüssel sein. Sie ersetzt Dehnen und Krafttraining nicht, sondern macht diese Methoden erst wirklich wirksam – indem die Muskulatur vorher wieder elastisch gemacht wird.
Wenn Du selbst unter Rückenschmerzen leidest, vereinbare einen Termin bei den spinedoctors in Salzburg. Dein Ansprechpartner ist Dr. Christian Behrendt, Orthopäde und Wirbelsäulenspezialist. Gemeinsam besprechen wir, welche Therapie für Dich sinnvoll ist.
Denn klar ist: Dein Rücken braucht nicht nur Kraft – er braucht vor allem Elastizität.
Wir sind für Sie da!